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Lisa läuft Marathon - Ende

Der Marathon ist gelaufen. Knapp vier Monate habe ich darauf hingearbeitet und am Sonntag ist es dann endlich passiert.  Lisa läuft Marathon (Quelle: privat)

Die Aufregung hatte mich am Abend vorher ganz müde gemacht. Mein Körper schien mir zu sagen: Lass mich all meine letzten Kräfte sammeln, damit morgen alles gut geht. Um elf Uhr abends lag ich schon im Tiefschlaf, damit das Aufstehen um halb sieben am nächsten Morgen nicht allzu schwer fiel. Mit Sack und Pack ging’s dann zu den Messehallen. Den Weg dahin teilten schon eine ganze Menge Startbeutel samt Läufern mit mir. Aus jeder Seitenstraße schien ein Marathon-Läufer zu kommen, der in Richtung Fernsehturm marschierte. Auf dem Gelände dann Trubel, 15.000 Läufer müssen noch mal aufs Klo, ziehen sich aus und an, die bestens Organisierten schmieren sich Vaseline an jegliche Körperstellen. Läuferpaare streifen sich dieselben atmungsaktiven Runnershorts über die trainierten Waden und betagtere Mitläufer rüsten sich für ihre letzten 42 Kilometer.

Mein Startblock N ist der letzte. Ich vermute hier eigentlich nur noch Rentner und Übergewichtige, aber nein, Überraschung, neben mir starten durchaus auch Trainierte. Um neun starten die Profis, fünfzehn Minuten später laufe auch ich durch den Start. Es geht los!

Adrenalin macht sich breit, die ersten Meter sind geprägt von diesem aufgeregten Hoch-Gefühl. Wir laufen über die Reeperbahn in Richtung Altona. Von den Seiten kommen Anfeuerungsrufe á la: „Die letzten Meter schafft ihr auch noch!" Herrlich. Am Altonaer Rathaus angekommen erwartet uns Parademusik und ganz unverhofft winken auf einmal Mutter, Tante, Onkel und Cousine vom Straßenrand zu. Das macht Spaß!

In Ottensen, parallel zur Elbchaussee, sind die Leute richtig gut drauf. Sie winken aus den Fenstern, machen Party auf dem Bürgersteig und sind allesamt einfach nur herzlich und unterstützend. Kilometer fünf ist abgelaufen und ich denke: „Wow, das mache ich jetzt jedes Jahr!"  Lisa läuft Marathon – Spaß in den Massen (Quelle: privat)

Vor mir läuft eine grauhaarige Dame mit ihrem ebenfalls schon älteren Partner. Nach Akzent und Laufshirts zu urteilen, kommen sie aus dem schwäbischen Raum (Stuttgart, soll sich später herausstellen). Sie hat sich schwarze Bänder um die Handgelenke gewickelt, mit denen sie fröhlich umher wedelt. Anfeuerung mal umgekehrt: Meine Schwäbin wirbelt die Zuschauer auf und ich bade in der Euphorie. So geht’s die ganze Elbchaussee hoch und danach runter zu den Landungsbrücken. Ich glaube, die Menge hat sich schon ein bisschen gelichtet, an den Seiten gehen die Leute spazieren und winken uns Läufern hin und wieder mal zu. Irgendwann bin ich mit meinem Hasen auf einer Höhe. Sie erzählt mir, dass dies ihr letzter Marathon sei, einige sei sie schon gelaufen und Hamburg findet sie wunderschön. Ab der Hälfte will sie die Geschwindigkeit noch ein bisschen anziehen, um unter fünf Stunden im Ziel zu sein. Wir plaudern ein bisschen und laufen zur nächsten Wasserstation. Im Gewühl verliere ich sie und sehe sie erst im Ziel wieder.

Kurz vor dem Tunnel am Steintorwall kotzt ein Mitläufer im Strahl. Solche Mengen habe ich lange nicht gesehen. Was hat der bloß gegessen? Ist er vielleicht direkt nach dem Feiern spontan mitgelaufen? Oder ist es die Aufregung? Der Arme. Die Gedanken an ihn lenken mich jedenfalls vom nächsten Kilometer ab. Nach dem Tunnel geht’s zur Binnenalster. Überall stehen Leute, das Wetter tut sein Übriges. Meine Mama steht am Seitenrand und da sind auf einmal auch wieder Tante und Onkel. Schnell winken, grinsen, Daumen hoch, weiter geht’s. Irgendein Radio-Moderator-Vogel macht auf einem Podest Alarm, Chart-Musik dröhnt in meinen Ohren, Volksfeststimmung, nichts für mich, ich will hier weg.

Weiter an der Alster entlang wird’s zum Glück ruhiger. Bis jetzt habe ich noch keine Strapazen, die Beine machen mit, Füße auch, alles ist aufregend. Nur mein Magen grummelt ein bisschen, sollte es nicht bald mal Bananen geben? Wir laufen die Außenalster hoch, die Party-Stimmung ist vorbei und der erste Flash auch. An den Wasserstationen trinke ich was, nehme mein erstes Energy-Gel ein. Neben mir laufen hauptsächlich etwas Ältere. Ein paar frische Läufer kommen dazu, das sind die Staffel-Teilnehmer, die gerade am Jungfernstieg durchgetauscht haben. Zwei Jungs laufen mit mir, die beiden sind bestimmt erst Anfang Zwanzig und ganz entspannt bei der Sache. Die sehen so aus, als könnten sie das Ganze auch in dreieinhalb Stunden über die Bühne bringen, hätten aber keine Lust, sich den Stress anzutun. Gut für mich, die beiden machen mir Mut. Außerdem hat der eine auch Hunger auf Bananen. Wo gibt’s denn endlich welche? Das Loch in meinem Magen wird größer.  Lisa läuft Marathon – Unterstützung von den Freunden – Go Lisa! (Quelle: privat)

Halbmarathon geschafft. Ab jetzt wird’s auf einmal hart. Meine Knie fangen an weh zu tun und in meinen Kopf schleichen sich Gedanken wie: Was ist, wenn mein Hunger mich ausknockt? Ich irgendwann einfach keine Kraft mehr habe? Was ist, wenn meine Beine so doll weh tun, dass ich wirklich nicht mehr weiterlaufen kann? Wo gibt’s endlich meine verdammte Banane? Sobald diese Gedanken da sind, ersetze ich sie durch positive. Ich habe Zeit. Ich brauche mich nicht zu stressen. Der Hunger wird wieder gehen. Ich habe Kraft. Keine Panik. Das hilft. Ich laufe einfach immer weiter. Irgendwo hält mir eine Frau ein Tablett mit Brownie-Häppchen hin. Super.

Die Strecke hatte ich mir vorher natürlich öfter mal im Internet angesehen und schon da schien mir der Bogen, den ich jetzt laufe, ziemlich heikel. Einmal durch Barmbek und dann in Richtung Norden und Ohlsdorf. Kilometer 22 bis 30 – so hart es auf der Karte aussah, so hart ist es auch in Wirklichkeit. Während ich laufe, setze ich mir immer wieder kleine Etappenziele. Die 30er-Marke ist mein Nächstes. Ich laufe an S-Bahn-Stationen vorbei, durch Zuschauerspaliere, werde immer wieder namentlich angefeuert („Lisa, du schaffst das! Die Hälfte hast du schon!"). Mein Name steht auf meinem Nummernschild. Irgendwo auf dem Weg greife ich eine halbe Banane ab. Ich laufe an einem Kanal entlang. Auf der Karte habe ich gesehen, dass das der nördlichste Zipfel der Strecke ist. Ich beiße nur noch. Schritt für Schritt. Kein Gedanke daran, wie lang die Strecke noch ist. Einfach nur noch laufen.

Mittlerweile tun nicht nur meine Knie weh, sondern auch meine Füße, meine Zehen, meine Oberschenkel. Einmal sackt mein linkes Bein weg, ein kurzer Schreck-Moment: Fuck, was war das? Egal, weiterlaufen. Ich komme mir unendlich langsam vor. Es fühlt sich an, als würde ich kriechen. Aber bloß nicht gehen. Nur an den Wasserstationen erlaube ich mir, ein paar Schritte zu machen, danach geht es aber gleich wieder in den gewohnten Trott. Wenn ich die anderen Läufer zu Gehern werden sehe, schwöre ich mir: Das passiert dir nicht. Das ist kein richtiger Marathon. Ich kann alles machen, außer gehen. Was ich gedanklich mit dem ‚alles’ meine, weiß ich in dem Moment selber nicht. Ist auch egal, es hilft. Ich erlaube mir, ganz langsam zu laufen. Bei Kilometer 33 weiß ich: Ab jetzt sind es weniger als zehn. Ich versuche mich an die ersten zehn zu erinnern, wie einfach die von der Hand gingen, und diese Einfachheit auf die nächsten zehn zu übertragen. Das klappt leider wirklich nur geistig. Mein Körper will von Leichtigkeit überhaupt nichts mehr wissen. Das neue Ziel in meinem Kopf: Kilometer 37. Dort habe ich meine Freunde hin bestellt. In Eppendorf soll sowieso eine Riesen-Party sein. Das prophezeit mir mein Papa, der die Strecke auf dem Fahrrad abfährt und wie ein guter kleiner Geist immer mal wieder neben mir auftaucht.  Lisa läuft Marathon – Unterstützung auf der Strecke (Quelle: privat)

Je näher ich Eppendorf komme, desto besser wird die Stimmung am Rand. Meine Schmerzen rücken in den Hintergrund, jeder Zweite feuert mich an. Irgendwo am Horizont kann ich den Fernsehturm erkennen – das Ziel. Die Seitenränder verdichten sich, die Leute genießen das Frühlingswetter. Haben Tische aufgebaut, oft ein Picknick, Prosecco und Party. Es gibt viel zu gucken. Oben von den Balkonen beschallen öfter mal welche mit Trommeln die Menge oder versetzen die gesamte Straße mit der St. Pauli-Hymne in Stadion-Atmosphäre.

An der U-Bahn-Haltstelle Eppendorfer Baum dann wirklich die Riesen-Sause: Eine Samba-Band spielt, ich will tanzen! Überall Menschen, und da, auf einmal meine Freunde! Juhu! Die sind genauso aus dem Häuschen wie ich. Aus dem Augenwinkel erkenne ich noch ein Plakat, schön, ich freu mich. Naomi läuft ein paar Meter mit, hält mir Wasser hin, ich sage, dass ich gleich anfange zu weinen, so schön, dass sie da sind, und ob sie auch noch zum Ziel kommen. Dann winken wir uns zu und es geht weiter. Am Rand Absperrungen, dahinter überall Leute, links wieder ein Radio-Vogel, der die ganze Chose moderiert und mich fragt, wie es mir geht. Super! Schmerzen sind weg, das macht alles richtig Spaß. Und dann noch das Wissen schon bei Kilometer 37 angekommen zu sein. Ich hab’s fast geschafft. Nur noch fünf Kilometer – unfassbar. Trotzdem werden sie nicht leichter. Nachdem sich die Eppendorf-Euphorie gelegt hat, kommen auch langsam die Strapazen zurück. Wieder laufe ich im Kopf nur Kilometer für Kilometer. 38, 39. Die kleinen blauen Striche auf dem Asphalt leiten mich. Jeder Blick zur Seite ist anstrengend, ich muss mich wirklich konzentrieren. Ein Energy-Gel habe ich noch, aber das lass ich stecken. Der letzte Rest geht auch so. Ich laufe die Außenalster entlang, diesmal auf der anderen Seite in die andere Richtung. Ein kleines Hochgefühl kommt schon auf. Nicht mehr lange. Kilometer 40. Endlich die gelbe vier auf dem Teer. Nur noch zwei Kilometer. Das ist nichts. Vor mir erscheint der Dammtor-Bahnhof, hinter mir mein Papa.

„Gleich bist du durch, Lise. Wie ist es?" Ich kann nicht mehr sprechen. Zeige mit den Händen nach vorne. Jetzt geht es noch einmal bergauf. Der Gorch-Fock-Wall. Darüber hatte ich vorher schon gelesen. Die Steigung merke ich aber nicht mehr wirklich. Wieder nur ein blauer Strich nach dem anderen. Eine Kurve und auf einmal springen an der Seite zwei Menschen auf. Noch zwei Freunde! Perfekt. Nathalie läuft an der Seite mit in Richtung Ziel. Jetzt kann ich schon den roten Teppich sehen. Der Moderator nennt tatsächlich meinen Namen, hinter der Absperrung höre ich meine Mama und meine Freunde jubeln – das ist ja fast filmreif. Noch ein paar Schritte, links, rechts, links, rechts. Ich bin durch.

Freude, Erschöpfung, Tränen. So fühlt sich das also an, einen Marathon zu laufen.

Später am Abend frage ich mich, warum ich mir das eigentlich antue. Klar, das Ganze ist eine Herausforderung, aber habe ich oder haben wir heute zu wenig davon? Muss ich mir diesen kurzen Moment des Hochgefühls auf diese Weise holen? Wahrscheinlich schon. Vielleicht ist das Ganze wirklich eine kleine Sucht, die Jagd nach der Euphorie, nach einer Grenzerfahrung. Schmerzen überwinden, den Körper spüren, sich ein bisschen geißeln und danach die Belohnung genießen. Verrückte Welt.

Die nächsten Tage kuriere ich, esse ungesunde Sachen ohne schlechtes Gewissen, gönne mir einen Weißwein und ein paar Zigaretten. So verstreichen zwei Tage und am dritten merke ich schon, wie es mich in den Fingern juckt. Ich glaube, der nächste Marathon kommt bestimmt.

Bildquelle: privat

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